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Georg Kampfer: Akte Strobach - Geistlicher wird mit einem Strick um den Hals gefunden
Tatsächlich muss das Verhältnis des Predigers zu seiner Gemeinde äußerst problematisch gewesen sein, denn in einem Brief Voigtings vom selben Tag heißt es über seinen Schwiegersohn, dass "dessen Seele von den lieblosen Insulanern (…) geqwahlet (14) und bedranget worden" sei. Und zwei Tage später schreibt sein Emder Amtsbruder Michael Pfeiffer über Strobach, "daß ihn seine Gemeine biß auf das äusserste gequälet hat".
Noch am Abend begann Amtmann Hess mit der kriminalistischen Aufarbeitung des Falles und verhörte fünf Norderneyer Männer und Frauen. Die Vernehmungsprotokolle, die im Staatsarchiv Aurich aufbewahrt werden, erlauben aufschlussreiche Einblicke in die letzten Tage des Pastors.
Hiemke Heyen, zwischen 40 und 50 Jahre alt, lutherisch, ist am letzten Dienstag bei Strobach gewesen und hat von ihm gehört, "daß sein Hertze sehr bedrücket wäre", am nächsten Morgen habe er jedoch "ihr gesaget, daß Er kurtz hernach, als Sie weggegangen, alles überwunden, und Gott für seine Gnade gedanket hätte". Am Abend vor der Unglücksnacht habe er sich "vernünftig aufgeführet". Die Zeugin bestätigt weiter, "daß der gewesene Pastor mit seiner Gemeine (15) in Unfrieden gelebet", doch seien ihr keine Bedrohungen bekannt gewesen.
Maria Oldenburgs, 55 Jahre alt, lutherisch, berichtet, dass sie am Tag vor der Unglücksnacht mit ihrem Mann bei Strobach zum Essen gewesen sei. Da sei der Pastor "so lustig und raisonnabel gewesen, als Sie Ihn Ihr Lebetag noch nicht gesehen hätte". AmTag zuvor sei er jedoch sehr deprimiert gewesen. Am Morgen vor der Unglücksnacht habe der Pastor vier Frauen zum Tee eingeladen und erzählt, "daß Ihm in einer Nacht, da Er sehr traurig gewesen, zugerufen worden wäre, daß Er den Schnupftuch (16) in den Halß stecken" müsse, damit es ihm wieder besser ginge. Auf den Einwand der Frauen, dass er sicher nur geträumt hätte, habe "der Pastor geantwortet, daß Er gewachet" hätte.
Haye Siccen, 36 Jahre alt, lutherisch, ist am Morgen vor der Unglücksnacht in der Pastorei gewesen. Da habe er den Pastor "in einem recht guten Stand angetroffen". Der Pastor habe ihm zugerufen: "Haye Siccen, nun seid Ihr der erste, der mich in einem Freudenstande antrifft, freuet Euch mit mir und danket Gott mit mir. Ich habe ein großes überwunden und bin nunmehr an Leib und Seel gesund." Siccen sei wohl eine Stunde lang im Pastorenhaus gewesen und der Pastor habe ihm "ein Glaß Jan Ever (17)" eingeschenkt, aber selbst nicht mitgetrunken.
Der Zeuge kann sich nicht vorstellen, dass der Pastor durch Mörderhand gestorben ist. Er könne nicht glauben, "daß dergleichen gottlose Leute sich auf der Insel finden würden".
(14) gequält und bedrängt
(15) Gemeinde
(16) in älterer Sprache gelegentlich auch "der Tuch" anstelle von "das Tuch"
(17) ein Glas Genever