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Vom Sinn des Norderneyer Pfingstbaumes

Es ist schon viel über den Sinn, der seit alters her mit dem Aufstellen des Maibaumes verknüpft wird, geschrieben worden. Allgemein geht die Ansicht der Volkskundler dahin, daß der Maibaum nach dem Glauben unserer Altvorderen als der Vertreter des Frühlings- und Sommersegens anzusehen war. Er sollte Haus und Hof der Gemeindeglieder, dann aber auch diese selbst durch die unmittelbare Berührung mit den Sprößlingen der neuerwachten Frühlingskraft mit frischer Lebensfülle und Stärke sättigen, dagegen alles Böse und Lebensfeindliche verscheuchen.

Als ein heidnischer Brauch wurde deshalb die Errichtung eines Maibaumes in früheren Jahrhunderten von der Geistlichkeit aller Länder und aller Konfessionen häufig heftig bekämpft. In England beispielsweise setzten die Calvinisten 1644 sogar einen Parlamentsbeschluß durch, der die Maibaumsitte für immer beseitigen sollte. Das hatte zur Folge, daß das Volk jetzt erst recht an ihr festhielt.

Einen überzeugenden Beweis jedoch dafür, daß man mit einem Baum in früheren Zeitläuften auch schon freiheitliche Ideen zu verbinden pflegte, gibt das Upstalsboom-Wappen der Ostfriesischen Landschaft in Aurich. Als sich die ostfriesischen Stände, der Fürstin Christine Charlotte zum Tort, am 24. Januar 1678 von Kaiser Leopold 1. gegen teures Geld ein eigenes Wappen verleihen ließen, wählten sie als Hauptfigur des Wappens "im roten Felde auf grünem Hügel einen Eichbaum mit seinem grünen Busch und Ästen".

Der Pfingstbaum, der alljährlich im Rahmen der insularen Brauchtumspflege vom Norderneyer Heimatverein errichtet wird, ist darum hierzulande vom Maibaum nicht nur dem Namen nach, sondern im weiteren Sinne auch in seiner Symbolik zu unterscheiden. Es verhält sich mit ihm auch anders als mit den im weiteren Deutschland zu Pfingsten vor den Häusern aufgepflanzten Birkenbäumchen. Er gehört als Pfingstbaum dem ganzen Ort, ragt hoch auf und hat seinen festen Ehrenplatz. Und wie nun den Brautpfaden am Himmelfahrtstage eine Sage als geschichtliche Grundlage gegeben wurde, so wurde die Sitte, den Maibaum zu pflanzen, mit den upstalsboomischen Zusammenkünften in Verbindung gebracht, als sei der Maibaum das Symbol des Gottes- und Landfriedens, der in diesen Tagen herrschte, und das Sinnbild der friesischen Freiheit - das Urbild des Upstalsboom selber...

Und da der Baum zu Pfingsten gesetzt wurde und am Tage nach Pfingsten, am Dienstage, sich am Upstalsboom die Abgeordneten der friesischen Seelande versammelten, bringt man diesen Pfingstbaum mit dem Upstalsboom in Verbindung.

Der ostfriesische Historiker Tileman Dothias Wiarda schreibt darüber in seiner zu Beginn des 19. Jahrhunderts erschienenen Schrift "Von den Landtagen der Friesen in den mittleren Zeiten beim Upstalsboom": ... Von diesen Feierlichkeiten und Lustbarkeiten sind vielleicht die Maibäume, die mit Blumen umwunden, am ersten Pfingsttage auf den Wegen gepflanzt werden, noch schwache Reliquien. Da der Landtag am dritten Pfingstfeiertage des Morgens eröffnet wurde, so mußten sich schon den Tag vorher, am Montag, die Landtagsdeputierten einfinden.

Der Altmeister der deutschen Volkskunde, Jakob Grimm, sagt dazu in seinem Werk "Deutsche Rechtsaltertümer", der Aufrichtung eines Baumes freiheitliche Ideen anranken zu lassen: "Ein berühmter friesischer Landtag ist der Upstalsboom bei Aurich, Upstal ist locus editus (ein erhöhter Platz), worauf der Baum stand". Nimmt es da noch Wunder, daß dieser friesische Stammesbaum als das Hauptsymbol der Volks freiheit auch auf den ostfriesischen Maibaum, den Pfingstbaum, seinen verklärenden Schimmer warf?

Läßt man aber einmal alle Vermutungen und Deutungen um den Ursprung und den Sinn dieses Brauches, dessen gemeinsame Wurzeln schlechthin bis zur altgermanischen Verehrung des Baumes zurückreichen dürften, beiseite, so bleibt doch als Tatsache unumstritten übrig, daß hierzulande um 1800 zu Pfingsten ein Maibaum gepflanzt wurde. Am längsten erhalten hat sich der Maibaum als Pfingstbaum wohl auf der Insel und im Harlinger Lande.


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